Die Geliebte heute und damals

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In christlichen Ländern wurde das Konkubinat lange als illegal eingestuft. Durch die von der Kirche im christlichen Europa des Mittelalters und in der beginnenden Neuzeit eingeleiteten Veränderungen wie Behinderung der Scheidung, Verhinderung der Vielehe sowie Priesterehe blühte das Konkubinat auf und entwickelte sich in unseren Zonen zu einer halboffiziellen bis ganz verheimlichten sexuellen Beziehung. Paradoxerweise galt das Konkubinat gerade in den Reihen der Priester als Alternative zur rechtmäßigen Ehe, die für diese aufgrund des Zölibats (Zölibat seit dem 6. Jahrhundert) verboten war.

Die heutigen Geliebten-Beziehungen besitzen dieselben Entstehungs-motivationen wie seinerzeit. Die Geliebten sind meist gebildet, selbständig im Leben, in guten Positionen tätig, finanziell unabhängig, dem Liebesspiel gegenüber aufgeschlossen, exzellent im Auftreten in der Gesellschaft und auch zu anspruchsvollen Unterhaltungen in der Lage. Der Schein nach außen glänzt in allen Farben.

Sieht man jedoch einmal hinter die Fassade, so ist das Leben der Geliebten ausgerichtet auf die oft wenigen Treffs mit dem geliebten Fremdgänger, auf ein Hoffen und verzweifeltes Warten auf seine Anrufe, ein Hoffen auf gemeinsame Zukunft, eine Verschwiegenheit, keine gesellschaftlichen Gemeinsamkeiten, keine gemeinsamen Wochenenden, Feiertage, Urlaube, keine großartigen Geschenke, wenn überhaupt, keine gemeinsamen Hobbies, Lügen und Heimlichkeiten, Verzicht auf regelmäßige Sexualität - und das oft über viele, viele Jahre.

Die Geliebte ist die treueste Partnerin schlechthin, denn sie wird niemals „fremdgehen“, außer sie lebt selbst in einer Partnerschaft. Sie wird von ihrem Fremdgänger verheimlicht, versteckt, verliert dadurch zusehends an Selbstwertgefühl, bleibt immer die zweite Frau ohne Macht und Anerkennung. Der Zugang zur eigenen Würde, zur Realität geht verloren. Die wenigen Stunden einer konzentrierten Liebe ohne Alltag können die Zeit des Leidens, der Ungewissheit, des Alleinseins nicht aufwiegen. Und sie ist alleine auf seine wenigen Aussagen angewiesen bezüglich gesellschaftliches Leben, Ehefrau, Kinder, Karriere, Heim, an dem sie nur von ihm kontrolliert teilnimmt.

Solange kein Austausch stattfindet mit Gleichgestellten, kein Wissen um die Situation anderer Geliebter, wird die/der Geliebte auch nicht erfahren, dass der Werdegang einer solchen Beziehung oft ähnlich verläuft bis hin zu den gleichen Liebesbezeugungen von Seiten des Fremdgängers/der Fremdgängerin, ähnliche Versprechen, Hinhaltetechniken, Abläufe bei den Treffs, Lügen zwecks Deckung der heimlichen Beziehung usw.

Obwohl bereits genügend Literatur zu diesem Thema im In- und Ausland auf dem Markt ist, ausreichend Filme in Kino und Fernsehen zur Verfügung stehen sowie auch ab und zu Fernsehdiskussionen stattfinden - es erstaunt immer wieder, mit welcher Beharrlichkeit die Geliebten auf die Einmaligkeit ihrer Liebe bestehen. Dafür wird alles Leid über viele Jahre in Kauf genommen bis hin zum Verzicht auf eigene Familie und Kinderwunsch.

Erkennen die Geliebten ihre Situation tatsächlich, meist nach Feiertagen und der Urlaubszeit, wenn der Leidensdruck am größten ist, erst dann ist Veränderung möglich, indem zum Beispiel Freunde oder Bekannte mit einbezogen, neue soziale Kontakte bewusst geknüpft werden oder eine Selbsthilfegruppe aufgesucht wird, die zum Austausch, zur Stärkung des Selbstbewusstseins dient und neue Wege aufzeigen kann. Die Betroffenen sollten unbedingt darüber hinaus neue Aufgaben suchen, Interessengruppen für Hobbies finden und Therapiemöglichkeiten einplanen, um das Selbstwertgefühl und die eigene Würde wieder zu finden.

Untreue des Fremdgängers in seiner eigenen Partnerschaft wird nicht bei einem Mal bleiben, sofern die Ehe nicht gänzlich „überholt“ wurde. Trotz des organisatorischen Stresses, den nun mal eine außerehelichen Beziehung mit sich bringt, verzichtet der Fremdgänger nicht gerne und freiwillig auf dieses sich selbst erteilte Zubrot, die Geliebte, das er auch bestrebt ist zu pflegen und zu halten.

Eine Geliebte wird es sich, ist sie einmal einer Dreiecks-Situation entkommen, im Hinblick auf das damit verbundene Leid überlegen, ob sie noch einmal in eine solche Beziehung geht. Und dennoch - ohne wirkliche Hilfestellung von außen ist die Rückfallquote sehr hoch.

Copyright by: Brigitte Becker (Buchautorin von LA LINCE - 3 x 3 Monate - Roman, ISBN 3-8311-3343-3)

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